Bei all meinen Reisen und dem Sachen, die ich schon ausprobiert habe, hat mir etwas noch gefehlt: workaway. Das bedeutet, man arbeitet ein paar Stunden täglich und bekommt dafür im Gegenzug Kost und Logis und Einblicke in das Leben anderer Menschen. Klingt spannend, dachte ich mir, und suchte mir ein Workaway in Italien.
Doch Moment, der Blogbeitrag heißt doch „Irland“ und nicht Italien! Naja, haha. Ich kann nicht genau sagen warum, aber ich habe es bis zuletzt nicht wirklich geschafft, mir das mit Italien konkret auszumachen. Immer wieder habe ich mir das vorgenommen und immer wieder war dann so ein innerer Widerstand da und ich habs wieder aufgeschoben. Und das obwohl sich alles ganz perfekt angehört hat… Schließlich hat sich mir dann aber doch der perfekte „Grund“ geboten, das mit Italien nicht zu machen: Mindestaufenthalt 1 Monat. Das war mit all den anderen Dingen, die ich auch noch machen wollte, dann eigentlich ein bisschen zu lang und ich habe somit abgesagt. Workaway wollte ich aber trotzdem machen. Und dann fiel mir Linda ein.
Mit der hatte ich ja 2022 schon mal geschrieben und super nett telefoniert, als ich wegen Hitze aus Asien fliehen wollte. Wie allgemein bekannt, hab ich meine Reise dort ja dann aber doch fortgesetzt (zum Glück) – aber aufgeschoben ist ja nicht aufgehoben. Also hab ich Linda kurzerhand angeschrieben und sie gefragt, ob sie nicht spontan für ein paar Wochen Unterstützung brauchen könnte. Sie konnte und somit hab ich kurz darauf meinen Flug nach Dublin gebucht. Die Befürchtung, dass das so gar nichts für mich sein würde, hatte ich eigentlich nicht – aber Aufregung war natürlich schon dabei. Der Plan war, dass ich in Dublin in den Bus steige und dann rechtzeitig in Charlestown ankomme, so dass Linda mich dort abholen und mir noch auf der kleinen Farm alles zeigen kann, bevor sie in den Nachtdienst muss. Es kam aber anders…
Mit ausreichend Snacks versorgt, bin ich planmäßig am Flughafen Dublin in den Bus gestiegen und habe mich auf die 3,5 stündige Fahrt gefreut. Diese Freude war aber nur von kurzer Dauer, denn nach ungefähr 200 Metern stoppte der Bus wegen einer Panne. Nunja, es wurde dann nach einer ganzen Weile angekündigt, dass ein Ersatzbus auf dem Weg sei – nur um wenig später zu verkünden, dass der Ersatzbus ebenfalls mit einer Panne liegengeblieben sei. Eigentlich ja ziemlich witzig, nur die Zeit lief natürlich und es war dann bald klar, dass ich Linda an diesem Tag nicht mehr treffen können würde. Ich bekam also Instruktionen, wie ich mir ein Taxi besorgen kann (ins Pub gehen, nach einer bestimmten Person fragen, die besorgt mir dann eins – Adresse brauche ich nicht, weil jeder dort Linda kennt) und so hab ich die Fahrt dann auch wirklich genossen.
In Charlestown angekommen, habe ich die Anweisungen befolgt und tatsächlich ein Taxi bekommen, wobei der Fahrer Linda tatsächlich nicht auf Anhieb kannte und wir somit beide ein wenig rätselten, ob das Haus, das er meinte, auch wirklich das richtige sei. Und ja, es war das richtige! Da war ich dann also, alleine in einem fremden Haus und mir war vor allem eines: kalt! Irgendwie war ich halt doch eher auf Sommer eingestellt und nicht auf wirklich grausig-kaltes Regenwetter…
Ehrlicherweise habe ich mich an diesem Abend, alleine und frierend, durchaus gefragt, was ich da eigentlich mache. Ein Blick auf google maps zeigte auch recht schnell, dass es mit Unternehmungen auch nicht so leicht werden würde: ca. 1 Stunde Gehzeit bis ins nächste Dorf mit Supermarkt, Pub und Bushaltestelle – sonst weit und breit nur Landschaft und ein paar Farmen.
Am nächsten Morgen kam Linda dann nach Hause und hatte alles für ein opulentes (deutsches!) Frühstück mit – inklusive herrlichem echtem Brot! (Die Brotsituation in UK und Irland ist prekär) So haben wir uns dann also kennen gelernt und gut gegessen, bevor ich eine kleine Tour über die Farm bekommen und die zu erledigenden Aufgaben gesehen habe. Das war alles absolut machbar und Linda unheimlich nett und trotzdem waren die ersten Tage gar nicht so leicht. Für mich war eben alles neu und ich war nicht vertraut mit dem Leben, das Linda führt. Ich wollte alles möglichst gut machen und so viel wie möglich helfen, aber natürlich auch nicht im Übereifer etwas falsch machen oder mich ungefragt einmischen. Aber das war tatsächlich alles ganz unnötig, denn alles wurde jeden Tag besser.
Ich lernte, welche Aufgaben wann und wie am besten erledigt werden und was Linda tatsächlich ein bisschen das Leben erleichtert. Die vier Pferde begrüßten mich morgens und Omi-Pferd wieherte bald sogar, schließlich brachte ich ihr zwei mal täglich ihr Spezialfutter. Die Hunde Lucy und Glen schienen ganz zufrieden zu sein in meiner Nähe, wenn Linda arbeiten war und hörten auch brav, wenn ich sie mal rufen musste. Besondere Freundschaft schloss ich auch mit den Katzen des Hofes, Kitty und Mimi. Mimi lief mir morgens wie ein kleiner Hund hinterher, wenn ich zu den Pferden und später wieder zurück ins Haus ging und maunzte freundlich seinem Futter und Streicheleinheiten entgegen. Kitty ist ein ziemlich exzentrischer Kater und hat eigentlich alle fest im Griff, sogar den frechen Glen. Beliebt macht er sich damit nicht unbedingt, aber bei mir hat er sogar des öfteren ganz friedlich im Bett geschlafen oder auf meinem Schoß gechillt. Die Hühnerschar war morgens immer meine erste Aufgabe, rauslassen und füttern und sie waren einfach so süß auch in ihrer Vielfalt, von Frau Schmitz, dem kleinen Federball bis zu Alex, dem afrikanischen Perlhuhn. Eine der schönsten Erfahrungen war für mich wirklich das (weitestgehend) harmonische Zusammenleben aller Zwei- und Vierbeiner. Manchmal knallt es und Kitty haut Glen, der wiederum jagt Mimi oder auch mal ein Huhn – aber unterm Strich gilt leben und leben lassen.
Mit Linda war es sowieso super easy. Nie hat sie mir wirklich Aufgaben erteilt, immer hat sie sich bedankt und stets hat sie die tollsten Leckereien eingekauft, so dass wir gespeist haben wie die Könige. Noch dazu haben wir immer mal wieder Ausflüge zusammen gemacht oder sind zusammen in der Sonne gesessen. Tatsächlich war das Wetter nämlich nach des anfänglichen Tiefs über weite Strecken super schön! So schön, dass wir sogar ein wenig sonnenverbrannt waren, nach einem Tag am Strand. Linda hat mich auch ein paar ihrer Freunde vorgestellt. Dagmar, mit der wir die von mir gebackenen Käsekuchen geteilt haben. Manfred, mit dem ich zusammen Schotter geschaufelt habe. Luke, der mit mir Couch-Tetris gespielt hat und einen tief in der Wiese versunkenen riesigen Anhänger befreit hat. Und Francis, für den ich Butter chicken gekocht habe.
Leichtsinnigerweise habe ich auch etwas getan, was ich sonst eigentlich hasse: Ich war shoppen! Aber es war schön und hat Spaß gemacht und ich hab echt super Sachen gefunden. Einen Tag lang war ich auch alleine in Sligo und hab es wieder mal soooo genossen, durch eine fremde Stadt zu spazieren, mich allein in ein Restaurant zu setzen und alles auf mich wirken zu lassen. Und dann war da natürlich noch dieser eine, ganz besondere Tag…
Angefangen hat er schon mal damit, dass wir nach Strandhill gefahren sind (wie der Name schon sagt, am Meer). Dort gab es fantastisches Eis und wir sind gefühlt endlos in der Sonne gesessen und haben dem Rauschen der Wellen zugehört. Später waren wir in Sligo zum Abendessen und haben beide den feschen Kellner bewundert. Als es dann endlich dunkel wurde, hat Linda uns nach Rosses Point gebracht, eine Landzunge in der Nähe. Denn es war Polarlichter-Nacht! Wie bei wahrscheinlich fast jedem, standen Polarlichter auch auf meiner bucketlist. Aber ich habe mir von diesem Abend nicht so richtig viel versprochen, schließlich war es Irland und nicht Island und überhaupt. Wir saßen also im Auto, leicht müde von all der Sonne und warteten ungeduldig, dass es endlich richtig dunkel wurde. Den Himmel hatten wir im Blick und selbigen Richtung Norden gerichtet. Aber irgendwie war da nix… Schließlich beschloss ich aber, nun doch mal auszusteigen und genauer zu schauen – und siehe da, wir saßen die ganze Zeit direkt UNTER den Polarlichtern! 😀 Zuerst war vor allem der Blick durch die Handykamera spektakulär, farbenfrohe Linien und Flächen, grün und lila und rot. Später wurden die Lichter immer intensiver und wir konnten sie sogar mit freiem Auge über den Himmel tanzen sehen. Völlig geflashed standen wir eine Ewigkeit da und staunten und schauten und waren überglücklich. Unvergesslich war das…
Und sonst? Ich habe Gulasch gekocht und Kittys Abszess auf seinem Rücken verarztet. Ich habe mit Glen gefühlt stundenlang Ball gespielt und Fotos von friedlich in der Sonne schlafenden Pferden gemacht. Wir haben den Garten verschönert und dekoriert, Zäune gezogen und Schotter geschaufelt. Ich habe drei Käsekuchen gebacken – einer grausig, einer phänomenal, einer okay. Ich habe für Manfred eine Kiste mit 2000 Schrauben und Muttern sortiert. Ich habe Softeis mit 10 verschiedenen Toppings gegessen (Austria, you Need to take notes!!!) und bin sogar ein ganzes Mal auf dem Pferd gesessen, haha. Dank Seamus, das Pferd mit dem schönsten Schnurrbart weit und breit. Und schließlich war auch Jack noch für ein Wochenende da. Das war schön und spaßig war es auch. Er hat wohl nicht wirklich damit gerechnet, dass ich auch während er da ist, meine Pflichten nicht vernachlässige und somit spätestens um 8 Uhr morgens draußen und bei den Hühnern und Pferden bin, aber er hat es recht gelassen genommen und mir geholfen. Trotz seiner großen Angst vor Pferden hat er tapfer den Paddock gekehrt und sich schließlich sogar ein kleinwenig mit Seamus und Maus angefreundet, als ich und Linda ihnen die Hufe gemacht haben, während Jack der Pferdehalter war. Wir haben zu dritt Pferdekacke aus der Wiese gefriemelt (die unspaßigste Aufgabe der gesamten Zeit, haha) und waren schließlich sogar noch auf einem Pferdemarkt. Trotz meiner langen Zeit mit eigenen Pferden war ich nämlich tatsächlich noch nie auf einem Pferdemarkt! Und ja, es war durchaus sehenswert und ein Erlebnis. Ich hätte auf jeden Fall auch ein, zwei Pferde gesehen, die mir gefallen hätten – glücklicherweise waren sie alle zu groß für meinen Rucksack, haha. Der Umgang mit den Tieren ist alles andere als das, was man sich wünschen würde, aber es sind dort eben Nutztiere. Ich bin jedenfalls dankbar, auch das mal gesehen zu haben.
Und damit ging meine Zeit in Irland dann auch dem Ende entgegen. Linda hat uns am Sonntag in strömendem Regen zum Flughafen gefahren und es gab einen durchaus emotionalen Abschied. Wir haben ja auch zusammen kleine Luftschlösser gebaut über ein Leben in Irland und naja, wie könnte man als Tierliebhaber nicht in Versuchung kommen bei den soooo billigen Preisen für Haus und Land? Wiederkommen werde ich auf jeden Fall. Egal ob als Haussitterin oder Besucherin – ich komme jedenfalls als Freundin und bin über die Maßen dankbar, so ein Zuhause auf Zeit gefunden zu haben.
Die Reise von Irland nach England ist jedenfalls auch noch eine Erwähnung wert, hehe.
Nichtsahnend waren wir also super pünktlich am Flughafen und ich habe meinen bis zum Bersten gefüllten Rucksack aufgegeben. Im Duty FreeShop habe ich dann noch eine niedliche Kleinigkeit für Lotti mitgebracht, meine kleine Nichte, die in ca. 6 Wochen zur Welt kommen sollte. Kurz danach bemerkte ich zwei Anrufe in Abwesenheit von meiner Mama, was recht ungewöhnlich ist. Also habe ich zurückgerufen, nur um zu erfahren, dass Klein-Lotti es wohl eilig hatte und ich bereits Tante bin! Ich war ganz aufgelöst und emotional, mehr als erwartet tatsächlich – und ich freu mich schon riesig, die Kleine bald persönlich kennen zu lernen.
Zunächst aber kam unsere Abflugzeit immer näher – und verging auch wieder, ohne Boarding und ohne Info an der Anzeigetafel. Nur die ryanair App sagte zunächst eine Verspätung von einer halben Stunde an, dann eine Stunde und irgendwann waren wir dann bei 3,5 Stunden. Auskünfte gab es die ganze Zeit keine, denn es war ungelogen niemand vom Personal da. Nach zwei Stunden gab es Gutscheine für Essen/Trinken – im fantastischen Wert von 4 EUR pro Person, also ausreichend für eine Flasche Wasser (klein). Jack hat dann zum Glück Essen spendiert und ich hab das iPad rausgeholt, so dass wir letztlich einen Film geschaut haben, denn die Abflugzeit wurde immer unklarer. Aufregung gab es dann aber beim googeln von Entschädigungszahlungen bei Flugverspätung und ab da haben wir eigentlich nur noch gehofft, dass wir über den „benötigten“ drei Stunden Verspätung sein würden, damit sich der Zirkus auch lohnt. Und ja, wir hatten Glück! Mit fast 4 Stunden Verspätung kamen wir in England an und mittlerweile sind die Entschädigungszahlungen schon auf dem Weg auf unser Konto.
Jack hatte dann unerwartet frei am Montag, was wir ausgiebig genutzt haben. Wir waren auf einem riesigen Flohmarkt, haben Bridgerton geschaut und waren fantastisch essen, bevor es für mich am Dienstag weiter ging nach Dorset in die Osho Leela Community. Und hier arbeite und meditierte ich gerade und treffe herzensgute und interessante Menschen, habe Spaß und lerne und meine Füße tun mir unglaublich weh, vom den ganzen Tag auf den Beinen sein. Der Zeitplan jeden Tag ist straff und das ist nicht leicht nach so langer Zeit absoluter Freiheit, aber das ist es wert und ich möchte jedenfalls zwei Wochen hier bleiben, bevor es wohl wieder zurück nach Hause geht. Dort schaue ich mich auch gerade nach Jobs um und habe schon einige Vorstellungsgespräche geführt – mein Favorit ist ein alter Bekannter, hehe. Auch einen Praktikumsplatz für meine LSB-Ausbildung habe ich für Juli und August, worauf ich mich schon sehr freue. Bald dann wieder mehr dazu. Jetzt hab ich erstmal ein Wochenende Divine feminine gathering vor mir und darauf freu ich mich.
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