Wie persönlich soll’s denn werden? Was hat Platz in diesem Blog? Darf ich jetzt schon von Schlimmem schreiben, wo ich doch noch sicher in meiner heimatlichen Komfortzone sitze? Wer nicht in meinen Abgrund blicken will, der scrolle unbefangen weiter zu einem anderen Blogbeitrag.
Nie habe ich häufiger gehört ich wäre mutig, als in diesen Zeiten. Menschen sagen mir, sie hätten keinerlei Bedenken, dass ich das alles schaffen würde. Freunde sagen, wer wenn nicht ich würde tun was ich tue und dabei eine tolle Zeit haben. Ich höre, was mir alles zugetraut wird. Ganz selten leise Sorge um mich, aber scheinbar niemals Zweifel an mir. Und ich? Ich, die immer groß erkläre, dass ich mich am Rande der Komfortzone erst richtig wohl fühle. Ich, die Herausforderungen und Grenzerfahrungen braucht wie die Luft zum Atmen. Ich, die ich mich die meiste Zeit selbst als stark, mutig, unabhängig und fähig bezeichnen würde. Ich, die schon so einiges durchgestanden hat, nie wirklich daran zerbrochen ist, die bewiesen hat, dass sie so einiges aushält. Ich, die weiß, dass das hier nicht die Grenzen dessen sind, was ich kann, schaffe, aushalte.
Und doch…
Es macht mich stolz, wenn mir so viel zugetraut wird, es stärkt mich, gibt mir Zuversicht und es ehrt mich. Gleichzeitig spüre ich den Druck dieser Erwartungen – auch meiner. Wie wünschte ich mir manchmal, dass jemand mich in den Arm nähme und mich hielte weil das alles ganz schön viel ist. Dass jemand mir sagte, er könne meine Angst verstehen, ohne im nächsten Satz zu erwähnen, dass das ja ganz normal wäre und alles alles verschwinden würde, wenn ich erst aufgebrochen wäre. Denn hier und heute, da fühlt es sich nicht danach an. Da fühlt es sich an, als würde weg brechen, was ich für sicher hielt, als wäre nichts mehr sicher – nicht einmal dass dies mein Lebenstraum sei und kein Alptraum. Ich weiß nicht mehr, ob all das richtig ist, denn wissen werde ich das erst hinterher. Die Indizien sprechen dafür, aber keine Sicherheit weit und breit. Ich zweifle an meiner Stärke, alle Herausforderungen, denen ich begegnen werde, zu meistern. Ich habe Angst. Große. Ich frage mich, was ich da gerade tue. Ich fühle mich dem nicht gewachsen. Allem. Es ist so viel, zu viel. Obwohl das der Satz ist, der nicht vorkommt in meinem Leben: Es ist mir zu viel. So bin ich nicht erzogen worden. So bin ich nicht so weit gekommen.
Aber der Abgrund ist hier, in mir. Er ist dunkel, kalt und einsam. Ich verliere mich darin und ich wünsche mir nichts sehnlicher, als jemanden, der mich daraus rettet. Ich wünsche mir, dass mir jemand etwas abnimmt, dass jemand für mich stark ist, dass jemand mich hält und stützt und mich mitträgt. Ich wünsche mir, schwach sein zu können, ohne die Angst, dass dann alles um mich einstürzt wie ein Kartenhaus. Das ist nichts, worauf man stolz sein könnte. Nichts das zu meinem Kampfgeist passt, zu meinem Mut, zu meiner Stärke. Menschen würden behaupten, das wäre nichts, das zu mir passt. Ist es das? Unpassend? Schon allein, weil die Umstände so selbstgewählt sind, weil es tausend mal mehr Grund zu (Vor-)Freude gäbe, weil man darüber nicht spricht. Und nicht zuletzt, weil es Wünsche sind, die vergebens ausgesprochen werden. Niemand wird und kann mich vor mir selbst retten. Niemand wird mich an der Hand nehmen und durch diese kommende Zeit führen. Niemand wird mich davor bewahren, Erfahrungen zu machen. Ich bin nicht allein, da sind so viele liebe Menschen um mich, die mich stützen und für mich da sind. Aber im Abgrund bin ich allein, er ist der Ort, an den mir niemand folgen kann. Allem was hier auf mich wartet, muss ich mich allein stellen. Den Weg hinaus kann ich nur allein finden – und er ist nicht beschildert. Bin ich wieder draußen, im hellen Tageslicht, scheint mir alles nicht mehr so schlimm. Dann stimme ich den Gesten zu, die meine Ängste und Sorgen beiseite wischen. Bis ich wieder stürze oder mich verlaufe, verliere und wieder hier lande – im Dunkel, im Allein, in meiner Schwäche, in meiner Angst und dann fühlt es sich wieder an, als würde es niemals enden. Als wäre das hier stärker als der Rest. Und der Schmerz und all das sind so stark, dass es unvorstellbar ist, dass es wieder anders werden könnte. Also bleibe ich liegen in meinem Dunkel, sehe hinauf zu den Sternen und warte. Und schreibe. Und hoffe.
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