Ich sitze im Büro, an meinem Arbeitsplatz der letzten zwei Jahre. Es ist mein vorletzter Tag hier. Ich schließe ab, erledige die letzten Tätigkeiten, übergebe offene Themen, verabschiede mich von Kolleginnen. Und wenn ich dann vor meinem Bildschirm sitze und es ruhig wird um mich, spür ich wie es eng wird in meiner Brust. Der Atem wird flach, das Herz klopft schneller – ich spüre wie die Angst kickt und ich weiß, es wird nicht das letzte mal sein.
Es ist eine undefinierbare Angst, eine der ich keinen Namen geben kann. Da ist etwas in mir, das aus den vielen Ungewissheiten das Gefühl von Panik macht. Ich stehe auf, gehe ein paar Schritte, es wird besser und doch: Ich weiß, dass die Panik zurück kommen wird und ich weiß, dass sie sich in den nächsten Tagen noch intensivieren wird. Das Gefühl ist mir vertraut und trotzdem ist es jedes Mal auf eine gewisse Art neu und nicht greifbar. Ich erkenne die Bedrohung nicht, die mir mein Körper spiegelt, wie ein verschwommenes Bild ist all der Gefühlswirrwarr in mir. Nur wenn ich ganz genau hinhöre, hinspüre, wenn ich all dem bewusst einen Raum gebe (und oh wie schwer das ist) – dann sind sie plötzlich alle da. Verlustangst, Versagensangst, Angst vor dem alleine sein, Selbstzweifel, Schuldgefühle und eine Unsicherheit, die sich anfühlt wie ein Fall ins Bodenlose. Obwohl ich diejenige bin, die den Schritt geht in Richtung dieser Bodenlosigkeit, obwohl all das meine Entscheidung, mein Wunsch, mein Traum ist, obwohl all das nur richtig sein KANN – geht die Angst jetzt neben mir her, meine Hand fest umklammert auf dem Weg in Richtung Abgrund oder Freiheit. Wir kommen gut klar, solange es dabei bleibt. Ich bestimme die Richtung und das Tempo, sie begleitet mich. Wir bekommen nur dann ein Problem, wenn sie mich mit ihrem kalten, harten Griff umarmt und zudrückt. Dann nimmt sie mir die Luft zum Atmen, meine Ruhe, die Sicherheit, die ich doch gerade jetzt so notwendig brauchen würde. Ich weiß, sie will nur mein Bestes, aber warum fühlt sich mein Bestes so oft so schmerzhaft an? Und warum ist mein Bestes, das Richtige so oft so unklar, so wenig eindeutig, so zwiegespalten? Warum gibt es in allem Schönen, Erfüllenden, in jeder Freude so einen tiefen Schmerz, eine Angst, ein Zögern? Warum ist in jeder Stärke eine so große Schwäche und warum bahnt sie sich immer wieder so unerbittlich ihren Weg an die Oberfläche? Und was bringt mich dazu, mich dieser Tage mit solchen Fragen zu beschäftigen, anstatt mit Leichtigkeit und Vorfreude zu leben?
Vielleicht gehört das einfach dazu zu diesem Leben, das ich auch weiterhin intensiv und emotional zu leben gedenke. Vielleicht ist das der Preis dafür, dass ich mich in alles, das mich berührt, mit vollem Herzen hinein werfe, hinein fallen lasse. Vielleicht ist dieses kurzzeitige mich-verlieren, das zögern und schwanken, das Gegengewicht zu den Zeiten, in denen ich stark bin, kämpferisch und ganz bei mir. Oder vielleicht hab ich noch nicht genug gelernt in diesen Dingen und ich bekomme wieder einmal eine Lektion erteilt. Nicht angenehm aber wichtig und stimmig und in Summe wieder einmal nichts anderes als das Leben selbst, das mich schüttelt und taumeln lässt und von dem ich doch ganz fest glaube, dass es mich auch wieder auffangen wird. Bis dahin stolpere ich, ratlos, ahnungslos, oft voller Schmerz und Angst, dann wieder taumelnd vor Glück, hoffnungsvoll und zielstrebig vorwärts – weil das die einzige Richtung ist, in der das Leben gelebt werden kann. See you on the other side of fear.
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