Ausbalancieren

Ich glaub das war jetzt die längste Zeit ohne Blogartikel, seit dieser Blog existiert. Es ist einiges passiert und mir ist fast leid drum, dass ich sicher nicht alles in diesen Text packen kann – dient er doch irgendwie auch als Tagebuch. Aber ich bin auch wieder ziemlich eingespannt im Alltagsrad und oft genug fühl ich mich gestresst zwischen Vollzeitjob, Haushalt, Beziehung, Familie, Freunden und freier Zeit für mich.

Zuerst: Jack ist noch da, haha. Sein Auto aber nicht. Das Zusammenleben war vor allem in den ersten Wochen durchaus eine Herausforderung für uns beide. Während ich, gewöhnt an mein geliebtes alleine-leben, plötzlich ständig jemanden um mich herum hatte und dazu auch noch einiges an Hilfestellung zu leisten hatte, war Jack in einer völlig neuen Situation, in einem fremden Land, an einer neuen Uni und mit dem Anspruch, möglichst alles richtig zu machen. Mittlerweile hat sich das schon recht gut eingespielt, würde ich sagen. Jack erledigt fast alles alleine, sei es alltägliches wie einkaufen oder aber Termine oder Anrufe. Meistens trifft er auf nette Menschen und meistens sprechen die auch brauchbares Englisch – und sonst geht’s auch mit Händen und Füßen. Deutsch lernen ist bislang noch nicht so Thema, dazu ist der Alltag irgendwie zu stressig. Fürs Studium ist nämlich wirklich richtig viel zu tun und außerdem wollen wir Hetty, unseren VW Bus, möglichst bald soweit haben, dass er in die Werkstatt kann. Für mich ist es auf jeden Fall eine Herausforderung, dass Jack mit seinem ADHS einfach anders „funktioniert“ als ich. Vergesslichkeit und Planlosigkeit, hohe Sensibilität bei Kritik und Hyperfokus sind eben immer irgendwie da. Eigentlich möchte Jack ja mal eine Diagnose bekommen und auch ein Coaching in Anspruch nehmen – aber wann bloß…

Außerdem sitzt das Geld nicht so locker, denn das mit seinem 2er Golf aus UK ging leider schief. Ich hatte es ja wirklich wirklich befürchtet, aber Jack war absolut besessen von dem Gedanken, dieses Auto in Österreich typisieren zu lassen und dann zu fahren. Nach vielem hin und her (ich hatte ja auch null Plan davon, wie sowas abläuft), investiertem Geld und jeder Menge Stress stand dann aber fest, dass das Auto in einem zu schlechten Zustand war und das auch mit dem herrichten so keinen Sinn gemacht hätte (außerdem ist Zeit dabei ein entscheidender Faktor, weil die Frist zur Typisierung nur 4 Wochen beträgt). So hat er also schon im Oktober wieder die Fahrt nach England angetreten, um das Auto zurückzubringen. Natürlich ist er dabei in Deutschland wieder liegen geblieben, weil sich 1-2 Radlager verabschiedet haben (ironischerweise waren beide neu…) und die Vorgehensweise seiner Versicherung war dann so, dass er das Auto dort gelassen hat, nach England geflogen ist, von dort wieder nach Österreich – um dann eine Woche später wieder nach Deutschland zu fliegen, um das Auto endgültig nach England zu bringen (und dann erneut nach Österreich zu fliegen). Wieviel von den irren Kosten für dieses irre Vorhaben die Versicherung letztlich übernehmen wird, ist noch unklar. Wir sind mittlerweile beide einfach nur froh, dass das Thema soweit erledigt ist – jetzt muss das Teil nur noch verkauft werden, um zumindest einen Teil des investierten Geldes wieder raus zu bekommen.

Weil Jacks Herz so sehr an einem 2er Golf hängt, hat er sich dann zurück in Österreich wieder einen gekauft – zum Glück in weit besserem Zustand und mit Pickerl! Ja, auch daran bastelt er bereits herum, weil irgendwelche Stecker kaputt sind, aber hey – wer ein so altes Auto will, der ist eh irgendwie auf Schrauben eingestellt.

Besser läuft es zum Glück mit Hetty, unserem T3. Es geht zwar wirklich laaaangsam vorwärts, aber es geht. Wir basteln im Prinzip vor allem an Kleinigkeiten herum, ich hab beispielsweise die Fahrertür überholt (Dichtungen, Türgriff lackiert, Abdeckung geputzt und die Abdichtung erneuert), wir haben aber auch schon ein Reparaturblech eingeklebt, was eine wirklich nervenzerfetzende Aufgabe war, haha. Die Front ist jetzt mal fertig, da hab ich geschliffen, Rost behandelt, abgedichtet, lackiert und mit Wachs versiegelt. Außerdem habe ich ca. eine Million kleiner Rostpunkte einzeln mit dem Dremel aufgeschliffen und ausgebessert (leider mit der falschen Farbe, sieht jetzt aus, als hätte der Bus Windpocken). Nun schleifen wir was das Zeug hält, denn irgendein Vorbesitzer hat den unteren Teil rundherum großzügig und sehr mies lackiert, was jetzt abplatzt und außerdem darunter liegenden Rost verdeckt. Außerdem hab ich neulich das Heckfenster rausgenommen, denn der Scheibenrahmen ist… nunja… rostig. Ziel ist eigentlich, dieses Wochenende das schleifen und lackieren fertig zu bekommen so gut es geht, wobei ich daran eher zweifle. Aber spätestens in drei Wochen soll Hetty dann in die Werkstatt. Dort ist ein bisschen was zu schweißen (bisher aber weniger als befürchtet), der Zahnriemen muss neu gemacht und diverse Lager und Gelenke getauscht werden. Ich möchte noch die Hinterachse überholen, dafür brauche ich aber Spezialwerkzeug, auf das ich gerade noch warte. Es macht mir wirklich Spaß wieder mal an einem T3 zu basteln und die Fortschritte zu sehen und ich bin heilfroh, Jack (und seine Lackierpistole) dafür als Team-member dabei zu haben, ich stresse mich aber auch manchmal zu sehr dabei und flippe auch schonmal aus. Dabei haben wir nun echt keinen Stress, schließlich soll der Bus frühestens im Frühling auf die Straße…

Hetty bekommt also unsere ganze Aufmerksamkeit an den Wochenenden, unter der Woche steht abends derzeit meistens „Yellowstone“ auf dem Programm. Außerdem fangen wir nächste Woche einen Boogie-Tanzkurs an. Da hab ich ja mit einem Ex-Freund schon einen erfolglosen Versuch hinter mir, hehe, freu mich aber trotzdem schon sehr drauf!

Ansonsten versuche ich konsequent an meiner LSB-Ausbildung dran zu bleiben. Bis auf eins hab ich die Seminare jetzt soweit abgeschlossen, es fehlen aber natürlich noch jede Menge Supervisions-, Selbsterfahrungs- und Peergroup-Stunden –  und die Diplomarbeit. Als Ziel für den Abschluss hab ich mir den November 2025 gesetzt, das sollte easy machbar sein, wenn ich es nicht schleifen lasse.

Leider gab es auch traurige Momente in letzter Zeit. Eine meiner Tanten ist nach langer Krankheit verstorben und einer meiner Onkel leidet zunehmend an Demenz. Meine Mama kümmert sich sehr um ihn, allerdings kommt sie auch immer wieder an ihre Grenzen. Und dann ist auch noch eines meiner Ex-Pferde gestorben. Speckilein, Real, mein langjähriger Freund. Ich hatte ihn nur ein paar Wochen zuvor noch besucht, da ging es ihm wirklich gut, nur ein bisschen steif war der alte Herr. Dann ging es ihm aber plötzlich viel schlechter und innerhalb weniger Tage war es dann soweit, dass er seinen letzten Gang angetreten hat. Ich war nicht dabei, weiß aber, dass die Entscheidung absolut richtig war und bin froh, dass er friedlich und mit vertrauten Menschen an seiner Seite gehen durfte. Auch wenn ich ihn schon jahrelang wirklich selten besucht habe, war er eben doch immer irgendwie da. Es gab immer einen Ort, an dem ich ihn besuchen konnte, mit ihm seine geliebten Tricks üben und mich über seine Anhänglichkeit freuen konnte. Nun ist er voraus gegangen. Ich stell mir vor, wie er jetzt über grüne Wiesen galoppiert, ohne Schmerzen in den Beinen, sich den ganzen Tag den Bauch mit Gras vollschlägt und mit Pferdefreunden Unsinn macht. 15 Jahre hatten wir mehr oder weniger zusammen und obwohl er schon 2011 quasi „totgesagt“ wurde, hatte er, das kann ich ruhigen Gewissens sagen, viele viele schöne Jahre danach. Er wird fehlen, aber ich bin so dankbar für die Zeit, die wir hatten.

Zwischendurch haben wir noch ein Streunerkätzchen gefunden, aufgepäppelt und an eine super liebe Familie vermittelt und außerdem drei (zu) kleine Igelchen gefunden und zur Igelhilfe gebracht. Ich merke dann immer, wie gern ich mich um Tiere (oft auch Menschen, haha) kümmere. Aber alle behalten geht nunmal nicht. Achja, ein viertes Huhn haben wir auch! Toffifee hab ich kurzerhand von einem Kleintierzuchtverband auf dem nahegelegenen Kirtag gekauft und sie ist mittlerweile fester Teil der Gang. Pizzatoni, die bisher einige fleißige Eierlegerin, hat beschlossen zu brüten und nachdem wir ihr das abgewöhnen mussten, hat sie entschieden, dass es jetzt eh zu kalt ist, um nochmal mit dem Legen anzufangen. 4 Hühner – 0 Eier haha.

An Halloween haben Jack und ich zusammen Kürbisse geschnitzt, was für mich tatsächlich das allererste Mal war! Tatsächlich fand ich es einfacher als gedacht und ich denke, das wird auf jeden Fall eine neue Tradition.

Ansonsten waren wir auch noch beim Frank Turner Konzert (Jacks Geburtstagsgeschenk), was mir überraschend viel Spaß gemacht hat! Lag vielleicht an den Sitzplätzen, haha, aber war wirklich richtig lässig.

Uuuund wir haben einen kleinen Urlaub in UK im Dezember geplant, wo wir Neujahr feiern werden. Da freu ich mich ja mal richtig drauf, reisen im weitesten Sinne fehlt mir nämlich! Für Ostern 2025 hab ich jedenfalls auch schon Ideen – mit Hetty Richtung Süden wäre toll…

Sonst geht das Leben so seine Wege. Mein Job macht mir tatsächlich Spaß, woran ich nach der letzten wirklich miesen Erfahrung leider echt gezweifelt hatte. Es ist aber ein echt angenehmes Arbeiten auf Augenhöhe, ich kann mich einbringen und wirklich etwas voran bringen. Meinen Aufgaben fühl ich mich gewachsen, ohne Angst vor permanenter Überforderung, und die Rahmenbedingungen stimmen auch. Dafür bin ich sehr dankbar, nimmt es doch einen großen Teil meines Alltags ein. Ich fände es immer noch sehr sehr super, wenn ich die kommenden drei Monate von Thailand aus arbeiten könnte, aber ganz so schnell lässt sich das wohl nicht machen, haha. Aber solang wir Träume und Ziele haben, so lang geht es auch weiter – und die hab ich!

Ich genieße gerade das Gefühl der Sicherheit, das ich hier habe, auch wenn nicht ganz so viel Freiheit in diesem Leben Platz hat. Und trotzdem bietet es Möglichkeiten, kleine Abenteuer und Momente der Erfüllung. Einen Raum zur Entwicklung gibt es immer, und da darf ich sicher noch ein bisschen mehr hinschauen. Wie ich neulich in einer Einzelselbsterfahrung festgestellt habe: Es ist wichtig, auf die Balance zwischen „was getan werden muss“ und den Dingen, die mir Kraft geben, zu finden. Manchmal heißt das auch, so wie letzten Sonntag, einfach mal alles liegen zu lassen, die 5 Meter Brennholz und den unfertigen Bus zu ignorieren und ganz alleine auf ein unglaublich gute Schnitzel zu gehen. Dafür geht’s dann später auch wieder ohne Zickereien und mit neuer Energie.

Ich wünsch euch schöne „Schnitzel-Momente“ und eine gute Balance zwischen tun und sein.

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