Goodbye for now my friends

Gestern gab es den ersten großen Abschied für mich, denn meine beiden Pferde sind nun in der Südoststeiermark untergebracht . Warum jetzt schon, wo ich doch nicht vor August abreise? Warum jetzt, wo die schönste Jahreszeit zum reiten gerade erst beginnt?

Eigentlich nur, weil ich auf Nummer Sicher gehen möchte. Falls doch irgendetwas nicht reibungslos laufen sollte oder meine Beiden irgendwelche Troubles im neuen Stall haben sollten, wäre ich immerhin noch halbwegs in der Nähe und handlungsfähig. Allerdings gehe ich davon natürlich nicht aus, die zwei haben dort ein echtes Paradies und sehr liebe Menschen, die sich um sie kümmern.


Alles gestern war emotional, das geb ich zu. Wer so lange eigene Pferde hat wie ich (18 Jahre mittlerweile), der hat vor allem schon oft genug erlebt, gesehen und gehört, was alles schief gehen kann bei einem Transport über insgesamt 800km. Das fängt damit an, dass ein Pferd mit 700 kg eventuell beschließt, den Pferdeanhänger unter keinen Umständen zu betreten, weil es diesen seit Jahren nicht gesehen hat und ein solcher für ein Fluchttier per se schon eine Bedrohung darstellt. Vom Verhalten anderer Autofahrer, Pannen oder Unfällen will ich gar nicht anfangen zu sprechen. Und ein randalierendes Pferd im Anhänger will wirklich niemand haben. Aber ich bin ein Glückskind, jedenfalls war ich es gestern! Zuerst hat sich eine liebe ehemalige Schulfreundin, die selbst ein Pferd hat, angeboten, mich auf der Fahrt nicht nur zu begleiten, sondern dafür sogar ihr eigenes Auto zur Verfügung zu stellen. Ich liebe meine Klapperkiste zwar, aber gebe zu, dass ich ungern mit 2 Tonnen hinten dran quer durch halb Österreich gefahren wäre. Und alleine schon gar nicht, wie gesagt – man stelle sich nur vor, es passiert etwas…
So ging der erste Teil der Fahrt nach Lamprechtshausen zu meinem alten Bub. Alt ist er wirklich geworden in letzter Zeit, und das sieht man ihm auch an. Aber er hat immer noch den Lausbub im Blick wenn ich mit ihm spiele oder Leckerlies eingesteckt hab, und immer noch folgt er mir ohne Halfter auf Schritt und Tritt und reagiert auf jeden Fingerzeig – und das obwohl ich ihn selten öfter als einmal im Jahr besuche. Nichts macht mich demütiger als dieses Pferd. So auch gestern, als er ohne zu zögern sofort mit mir auf den Hänger spaziert ist, als würde er nie etwas anderes tun. Und das obwohl ich genau gesehen habe, dass er unsicher war und Angst hatte – aber sein Vertrauen zu mir war größer und holy shit, das rührt mich so.
Es ging weiter nach Schlierbach, mein Mädl holen. Die war ziemlich gestresst (eventuell weil ich gestresst war, haha) und trotzdem ist auch sie ohne eine Sekunde zu zögern in den Hänger marschiert und war einfach nur brav. Die beiden hatten sich seit vier Jahren nicht gesehen, waren aber quasi von Minute 1 an ein Herz und eine Seele.
Es lief alles komplett reibungslos und schnell, so dass wir schon mittags auf dem Weg in die Steiermark und um halb vier bereits angekommen waren. Die Fahrt hatten wir uns aufgeteilt, es herrschte kaum Verkehr, alle anderen Verkehrsteilnehmer benahmen sich – die Pferde im Hänger auch, und wir hatten im Auto eine wirklich gute und lustige Zeit. Angespannt waren wir natürlich trotzdem, das will ich nicht leugnen, und heilfroh als wir in der Steiermark endlich beide Pferde sicher aus dem Anhänger holten.


Kurze Zeit später hab ich mich verabschiedet und das war schwieriger als gedacht… Beide waren so lieb, so anhänglich, so schmusig. Und nein, das sind sie durchaus nicht immer 😀
Ich weiß natürlich, dass ich beide jederzeit wieder abholen könnte, wenn ich wollte. Dass sie, wenn etwas passiert oder sie krank werden, einen Tierarzt brauchen und nicht mich. Dass ich sie besuchen kann, wann immer ich möchte. Dass der Stall und die Stallbesitzer wirklich toll sind und sie alles haben was sie brauchen. Trotzdem fällt es schwer, die Verantwortung zu einem so großen Stück abzugeben und darauf zu vertrauen, dass eben nichts Schlimmes passiert. Und es wird mir sehr fehlen, in den Stall fahren zu können, wenn ich einen harten Tag hatte. So viel Geld, Nerven und oft auch Zeit mich meine Pferde immer gekostet haben, so sehr war das auch immer mein sicherer Hafen. Der Ort, an dem ich wusste, dass mich niemand beurteilt, niemand etwas von mir will, wo mich dieses große Tier durch die Landschaft trägt, einfach weil wir uns verstehen und kennen und mögen. Wo ich mich verlassen konnte darauf, dass nach den Stunden mit den Pferden meine Welt wieder geradegerückt war, jedes emotionale Drama in Relation gesetzt, mein Inneres wieder ruhig und meine Seele glücklich war. Nach 14 bzw. 8 gemeinsamen Jahren kennt man sich so gut, dass man (meistens) weiß wie der andere tickt, was zu tun ist, was der andere braucht. Pferde sind seit so vielen Jahren eine vertraute Konstante in meinem Leben, dass ich vergessen habe, wie es ohne sie sein könnte. Und das bedeutet nicht, dass es immer schön war, ich hab unzählige Male geflucht, geheult, gezweifelt. Aber unterm Strich gehören sie einfach dazu. Jetzt eben erstmal auf Distanz.

Übrigens soll nicht unerwähnt bleiben, was ich mir anhören durfte, wegen dieser Entscheidung, meine Pferde in einen neuen Stall zu stellen. Jemand, der mich nur flüchtig und meinen Wallach erst seit einigen Jahren kennt, sah sich dazu veranlasst, mir per Whatsapp an den Kopf zu werfen, ich solle mir doch ein paar Gehirnzellen wachsen lassen und dass ich nur aus egoistischen Gründen und um ein paar Euros zu sparen, mein armes Pferd in einen anderen Stall bringen würde. Es ist mir nicht neu, was für boshafte Menschen auf dieser Welt existieren und auch nicht, dass die Meinung, der „eigene“ (war es in dem Fall nicht mal) Stall wäre der EINZIG gute, eine wirklich gängige in der Reiterwelt ist. Aber dass jemand, der das eigene Pferd über Jahre hinweg mit tierschutzrelevanten Schmerzen hat leiden lassen, von Egoismus spricht, ohne meine Gründe, den neuen Stall oder überhaupt irgendwelche Details der Angelegenheit zu kennen, das hat mich doch kurz überrascht. Wie viele zigtausend Euros ich ausgegeben, wie viele Nächte ich im Stall verbracht, wie viele verzweifelte Tränen ich geweint und wie viele Stunden ich investiert habe, damit es meinen Pferden möglichst gut geht, das wissen die Menschen, die mich kennen. Wie schwer genau das sein kann, wissen die Menschen, die Pferde haben und sich selbst nicht für ganz so perfekt halten. Und ja verdammt, natürlich hat ein Teil von mir ein schlechtes Gewissen! Vielleicht gäbe es einen noch perfekteren Stall, vielleicht stirbt eins meiner Pferde in meiner Abwesenheit, wer weiß. Ob es das Leben meiner beiden Pferde wirklich deutlich verbessern würde, wenn ich diese Reise nicht antreten würde, das wage ich aber stark zu bezweifeln. Ich tue, was ich kann, damit es ihnen gut geht, aber wenn ich nach 18 Jahren eines gelernt habe, dann, dass es so vieles gibt, das ich eben nicht beeinflussen kann – egal ob ich 10 oder 10.000 km entfernt bin.

Leave a Reply

Your email address will not be published. Required fields are marked *