Als ich 8 Jahre alt war, erzählte ich jedem, dass ich später, wenn ich einmal groß wäre, mit einem Pferd, einem Esel und einem Hund auf Weltreise gehen würde. Später lauschte ich gebannt meinem Papa, wenn er von seinen Dienstreisen rund um die Welt erzählte. Ich selbst kam über Kurzurlaube innerhalb Europas nicht hinaus, mir fehlte es an Geld und an Reisebegleitung und es blieb bei Träumen und Wünschen. Als ich 19 Jahre alt war starb mein Papa viel zu früh und noch bevor er seine Pension mit Reisen zum Vergnügen zusammen mit seiner Familie genießen konnte. In den nächsten Jahren verreiste ich häufiger, ich begann auch alleine unterwegs zu sein – im Hinterkopf immer der Wunsch nach mehr als nur den immer gleichen 3 Wochen Urlaub am Stück. Ich las Bücher über Weltreisen und alleinreisende Frauen und träumte weiter. Schließlich bekam ich über meinen damaligen Arbeitgeber die Möglichkeit, ein dreimonatiges Sabbatical zu nehmen. Ich plante, tüftelte an einer Reiseroute und war voller Vorfreude – als der erste Corona Lockdown meine Pläne zunichte machte. Wenig später erkrankte eine meiner besten Freundinnen schwer und schließlich starb sie Anfang 2021 mit 38 Jahren, viel zu früh und völlig unerwartet.
Ich kam ins Grübeln – wieder. Wer sagte mir eigentlich, wie viel Zeit ich noch haben würde? Und was würde ich über mich und meine Träume denken, wenn ich in zwei Jahren sterben müsste und sie nicht verwirklicht hätte – nicht einmal einen Teil davon? Mir war klar, es war höchste Zeit, damit aufzuhören immer nur zu reden und zu träumen und Zeit, etwas zu tun. Ich begann zu sparen, und verdammt das war schwer für mich. Die Einstellung „Wer weiß wie lange ich lebe, deswegen genieße ich HEUTE so gut es geht!“ ließ sich mit meinen guten Vorsätzen nicht so leicht vereinbaren, vor allem anfangs. Trotzdem gab ich nicht auf und machte mir bei jeder (okay fast jeder) Anschaffung oder Ausgabe klar, dass ich gerade Geld ausgab, das meine Reise später verkürzen würde. Schließlich entspannte sich auch die Corona Situation langsam, so dass meine Pläne wieder konkreter wurden. Und um endlich Nägel mit Köpfen zu machen, legte ich mich schließlich auf den Sommer 2022 fest.
Zuallererst ist mein Weggehen, mein Reisen also die Erfüllung eines Lebenstraums. Das tun, wovon ich immer nur gesprochen und geträumt habe.
Nicht nur weit entfernte Länder anzusehen, ohne dabei von Sehenswürdigkeit zu Sehenswürdigkeit zu hasten. Nicht nur frei zu sein von alltäglichen Verpflichtungen und Terminen. Kein Wecker, kein Chef, keine To-Dos, keine Pferde zu versorgen. Mich nur um mich selbst kümmern, in meinem Rhythmus, zu meinen Zeiten, zu meinen Bedingungen, nach meinen Wünschen. Es ist auch ein es-mir-beweisen, dass ich all das alleine kann. Ja, ich habe mir oft gewünscht einen partner in crime für dieses Abenteuer zu haben, am besten einen geliebten Menschen natürlich, jemanden, der den selben Unfug im Kopf hat und mit dem ich all das Schöne (und weniger Schöne), das es zu erleben gibt, teilen kann. Aber das hat sich nun nicht ergeben und auf etwas zu warten, das vielleicht nie eintritt, ist einfach keine Option. Also ich mit mir. Und ich weiß es wird gehen.
Irgendwo ist diese Reise auch ein Versuch, vielleicht irgendwann zur Ruhe kommen zu können. Ich habe in den letzten Jahren oft versucht beständig und sesshaft zu werden/sein. In Beziehungen, an Orten, in Berufen und Hobbies, aber nirgends habe ich wirklich meinen Platz gefunden, immer war ich letztlich wieder rastlos und auf der Suche. Ich bin immer wieder gegangen, manchmal geflohen. Vielleicht finde ich also in diesem Weggehen (das weiter, länger, konsequenter ist als jedes davor) das, was ich immer schon suche und von dem ich nicht weiß, was es ist. Vielleicht finde ich mich. Das ist die Überschrift dieser Reise: Weggehen. Immer wieder ankommen und wieder weggehen. Weggehen um vielleicht ganz anzukommen. Wo auch immer, wie auch immer.